Das Recht der sozialen Entschädigung hat seine verfassungsrechtlichen Grundlagen im Sozialstaatsgebot des Art. 20 Abs. 1 GG sowie - mit Wirkung ab 15.11.1994 - im Schutzgebot des Grundgesetzes für Behinderte, Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG. In Vollzug dieses Auftrags nennt das SGB I in seinen §§ 3 bis 10 eine Reihe von Sachgebieten, in denen sich die Sozialstaatlichkeit (besonders) verwirklichen soll. In diesen Vorschriften werden den jeweils darin genannten Personenkreisen spezifische soziale Rechte eingeräumt. Für das soziale Entschädigungsrecht ist § 5 SGB I die maßgebliche Bestimmung. Danach erhalten
diejenigen Personen, die einen Gesundheitsschaden erleiden, für dessen Folgen die staatliche Gemeinschaft in Abgeltung eines besonderen Opfers oder aus anderen Gründen nach versorgungsrechtlichen Grundsätzen einsteht, Maßnahmen zur Erhaltung, Besserung oder Wiederherstellung ihrer Gesundheit und ihrer Leistungsfähigkeit.
Darüber hinaus steht ihnen eine angemessene Versorgung zu, wenn sich der Gesundheitsschaden auch wirtschaftlich auswirkt.
Diese wirtschaftliche Entschädigung steht nach § 5 Satz 2 SGB I auch den Hinterbliebenen eines Beschädigten zu.
Bei den vom sozialen Entschädigungsrecht erfassten Personen handelt es sich somit fast ausschließlich um solche, die freiwillig oder unfreiwillig eine mit einem gesundheitlichen Risiko verbundene Verpflichtung gegenüber dem Staat oder der Allgemeinheit eingegangen sind. Dazu gehören z.B. Soldaten oder Personen, denen in anderer Weise ein Sonderopfer auferlegt worden ist, etwa weil sie sich einer staatlich empfohlenen Impfung unterzogen haben, die dann eine gesundheitliche Schädigung verursacht hat. Aufgrund dieser gesetzgeberischen Motivation werden die Leistungen nicht - wie sonst in der Sozialversicherung - von einem Versicherungsträger erbracht, vielmehr ist der Staat selbst der Adressat der geltend gemachten Entschädigungsansprüche. Nicht ganz in diese Systematik einzuordnen sind allerdings das OEG und das UntAbschlG. Hier sind aber bewusst besondere Sachverhalte dem staatlichen Versorgungsrecht (für Kriegs- und andere Opfer) unterstellt worden, weil dieses am ehesten eine sachgerechte Entschädigung für diese besonderen Risikobereiche zulässt.
Historisch hat sich das heute geltende Recht der sozialen
Entschädigung mit all seinen Zweigen aus dem Recht der
Kriegsopferversorgung entwickelt, wie es zunächst während und nach
dem Ersten Weltkrieg ausgeformt und dann nach dem Zweiten Weltkrieg
neu gestaltet und ausgeweitet worden ist (in Westdeutschland
erreichte die Zahl der Versorgungsberechtigten 1954 mit rund 4,3
Millionen Menschen ihren Höchststand
Ebenso haben auch heute noch die Streitigkeiten nach dem BVG in der gerichtlichen Praxis zahlenmäßig gegenüber den Verfahren nach anderen Entschädigungsgesetzen die größte Bedeutung. Es werden auch jetzt noch - in Einzelfällen - Versorgungsleistungen für inzwischen aufgetretene oder für verschlimmerte Gesundheitsschäden beansprucht, von denen erstmalig geltend gemacht wird, sie seien auf Krieg oder Kriegsgefangenschaft zurückzuführen. Heute stellt sich dabei oft die Frage, ob die jetzt in fortgeschrittenem Lebensalter auftretenden Krankheiten in ursächlichem Zusammenhang mit Verwundungen oder sonstigen Belastungen des Krieges oder der Gefangenschaft stehen. Daneben werden zahlreiche Ansprüche wegen beruflicher und damit wirtschaftlicher Beeinträchtigung durch die Folgen einer Kriegsbeschädigung geltend gemacht; schließlich geht es häufig um die Ansprüche der Kriegs-Hinterbliebenen (fast 127.000). Dabei wiederum ist von eminenter Bedeutung der Anspruch auf Witwenbeihilfe (dieser ist in erster Linie von den beruflichen Beeinträchtigungen des Beschädigten abhängig).
Zunehmend sind die Ansprüche aus dem Bereich der Soldatenversorgung und besonders aus dem Bereich der Opferentschädigung. Gerade bei letzterem Sachgebiet wirken sich die Aufklärungsarbeit der Länder und die Bemühungen um den Opferschutz - hier mit Blick auf die Leistungs- und Feststellungsanträge, die sinnvollerweise vorsorglich gestellt werden sollten - aus.
Im Wesentlichen liegen dem sozialen
Entschädigungsrecht folgende vier Gesetze zu Grunde:
Zum sozialen Entschädigungsrecht gehören u.a. noch folgende Gesetze, die allerdings infolge des Zeitablaufs nahezu völlig an Relevanz verloren haben, soweit dies den Eintritt eines schädigenden Ereignisses betrifft. Versorgungsberechtigte existieren natürlich weiterhin.
Bei der Anwendung des sozialen Entschädigungsrechts ist zu beachten:
In den Gesetzen, die neben dem BVG aufgeführt sind, ist lediglich grundsätzlich geregelt, ob den dort genannten Personen ein Versorgungsanspruch zusteht.
Hinsichtlich des Umfangs des Anspruchs gilt auch für diese Personen im Grundsatz nur das BVG.
Die im BVG selbst enthaltenen Regelungen sind durch zahlreiche Rechtsverordnungen ergänzt worden, die infolge der in den übrigen Gesetzen vorgeschriebenen entsprechenden Anwendung des BVG auch für alle Leistungen nach dem SVG usw. gelten. Auch die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (bzw. den dessen Vorgängern) erlassenen Verwaltungsvorschriften (VV) zum BVG sind von Bedeutung, da sie nicht nur verbindliche Vorschriften für die Versorgungsbehörden sind, sondern auch bei der Auslegung der ihnen zugrunde liegenden Einzelvorschriften des BVG wertvolle Hinweise geben können.
Schließlich ist auch auf die ab 01.01.2009 geltenden Versorgungsmedizinischen Grundsätze (Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung vom 10.12.2008 = VMG), zuvor "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (AHP), hinzuweisen, die bei der Festsetzung des GdS - früher MdE - und damit der Leistungen besondere Bedeutung haben. Zu beachten ist, dass die VMG anders als zuvor die AHP keine Angaben zu den "Kausalitätsbeurteilungen bei den einzelnen Krankheitszuständen" mehr enthalten. Die Nrn. 53 bis 143 der Ausgabe 2008 der AHP behalten aber auch nach Inkrafttreten der Versorgungsmedizin-Verordnung zumindest Gültigkeit als antizipiertes Sachverständigengutachten (Bundesrat Drucksache 767/08). Das entbindet indes nicht von der Prüfung, ob die aufgeführten Wertungsvorgaben noch dem aktuellen Stand der Wissenschaft entsprechen. Zu beachten ist nämlich, dass die AHP insoweit nicht mehr fortgeschrieben werden und damit nicht mehr dem bei den Bewertungen im Einzelfall zugrundezulegenden aktuellen herrschenden Stand der medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung entsprechen müssen.