Ein Unfall ist - wie im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung (vgl. § 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII) - ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis (das kann auch eine akute Erkältung aufgrund plötzlicher Abkühlung nach starker Erhitzung oder eine Infektion mit einem Krankheitserreger sein, z.B. Hirnhautentzündung nach Tröpfcheninfektion oder Hepatitis - Stichwort gerade bei Kriegsteilnehmern: Infektion im Lazarett).
Ein Unfall während des Dienstes ist nur ein schädigendes Ereignis, das in Ausübung einer bestimmten Dienstverrichtung eingetreten ist (z.B. beim Exerzieren, beim Wachdienst, bei einer Kurierfahrt, beim Waffenreinigen oder bei einer Schießübung). Die Vorschrift verlangt nicht, dass die Schädigung mit dem Dienst ursächlich zusammenhängt; verlangt wird nur, dass die Schädigung "während" der Dienstausübung stattgefunden haben muss. Es reicht also das zeitliche Zusammentreffen des Unfalls mit der Dienstausübung aus (so schon BSG, Urteil vom 25.11.1958 - 10 RV 1055/55 -).
Beispiel:
Der Kraftfahrer K hat Kurierpost zum Divisionsstab zu befördern. Er beschließt, auf dem Weg einen Blumenladen aufzusuchen, um seiner Freundin einen Blumenstrauß zu kaufen. Er rutscht auf dem feuchten Boden des Geschäfts aus und erleidet einen komplizierten Unterarmbruch.
Obgleich er sich vordergründig auf einer Dienstfahrt befand, hat er die Dienstverrichtung unterbrochen; der Blumenkauf war eigenwirtschaftlich und fand damit nicht während einer Dienstverrichtung statt.
aber:
Auf dem Weg zum Divisionsstab wird K von dem wildgewordenen, alkoholisierten Amokfahrer A gerammt, der neben ihm auch zahlreiche andere Verkehrsteilnehmer verletzt hatte.
Überwiegender und im Vordergrund stehender Ursachenbeitrag ist an sich das wehrdienstferne Verhalten des A. Dennoch reicht hier der Eintritt des Unfalls während der geschützten Wehrdienstverrichtung zur Bejahung der WDB.
schließlich:
Der Ausbilder eines Lehrgangs nimmt im Rahmen eines wehrsportlichen Mehrkampfs während der Sportausbildung an einem Langlauf teil. Nach Erreichen des Ziels und einer kurzen Unterhaltung mit Kameraden erleidet er auf dem Weg zum Dienstgebäude einen Herzinfarkt, der in erster Linie auf einer massiven Verkalkung der Herzarterien beruht. Er stürzt dabei unglücklich auf eine betonierte Raseneinfassung und zieht sich eine Wirbelsäulenverletzung mit Lähmungen der linken Körperhälfte zu.
Obwohl als unfallauslösender Ursachenanteil ganz im Vordergrund der schädigungsunabhängige Herzinfarkt steht, der auch nach ärztlicher Bewertung nicht mit der vorangehenden Belastung durch den Langlauf in Zusammenhang stand, reicht der zeitliche Zusammenhang mit der konkreten Wehrdienstverrichtung (Rückweg zum Dienstgebäude) zur Bejahung eines wehrdienstbedingten Unfalls aus (BSG, Urteil vom 13.12.2000 - B 9 VS 1/00 R -).
Zu entschädigen sind aber nur die Wirbelsäulenschäden und ihre Folgen, nicht jedoch die Infarktfolgen. Diese beruhe nämlich auf einer inneren Ursache. Zu der Herzerkrankung haben auch wehrdiensteigentümliche Verhältnisse nicht wesentlich beigetragen.
Vielfach stehen Sport und Wegeunfälle im Mittelpunkt von Verwaltungs- und Gerichtsverfahren. Die Sportunfälle bieten meist bezüglich ihrer Zuordnung als WDB keine besonderen Schwierigkeiten, sofern es sich um dienstlich angeordneten oder geförderten Sport handelt (Probleme ergeben sich dabei vielfach nur dann, wenn eine bislang nicht erkannte, aber wesentliche Vorschädigung oder Anfälligkeit bestand, deren Folgen lediglich durch den Sport - eher zufällig - ausgelöst wurden <s. o.a. Beispiel eines Herzinfarktes>). Hingegen kommt es bei der Prüfung der Wegeunfälle, die sich ja typischerweise außerhalb der eigentlichen Dienstzeit ereignen, häufig zu Schwierigkeiten, wenn es darum geht, ob sich der Unfall des Soldaten auf einem versorgungsrechtlich geschützten Weg ereignet hat.
Es bestehen in der Rechtsprechung keine Zweifel, dass hier dieselben Grundsätze gelten wie im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung, so dass im Wesentlichen auf die Entscheidungen aus diesem Bereich verwiesen werden kann.
Dennoch zum Überblick: Auch im Versorgungsrecht ist im Grunde nur der direkte Weg zwischen Wohnung und Dienststelle geschützt, jedoch lässt § 81 Abs. 4 Satz 2 SVG ein Abweichen von diesem Weg in vertretbarem Umfang zu, wenn das geschieht, um ein fremder Obhut anvertrautes Kind des Soldaten zu bringen oder zu holen, oder wenn der Weg im Rahmen einer Fahrgemeinschaft zurückgelegt wird, die zu Umwegen zwingt.
Im Übrigen wird der Versorgungsschutz nur dann aufrechterhalten, wenn der Weg objektiv und subjektiv im Wesentlichen zu dem Zweck zurückgelegt wird, Dienst zu leisten oder zur Familienwohnung zurückzukehren. Dabei ist aber ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen Fahrt und Dienstbeginn oder -ende nicht erforderlich. Entscheidend ist immer, ob ein innerer Zusammenhang mit dem Dienst besteht (Wertungsfrage), m.a.W., ob die anhand objektiver Umstände zu beurteilende Handlungstendenz des Verunglückten beim Zurücklegen des Weges darauf gerichtet war, die Haupttätigkeit aufzunehmen oder nach deren Beendigung in seinen Privatbereich zurückzukehren (Sächsisches LSG, Urteile vom 28.11.2018 - L 6 U 103/17 - und vom 04.03.2020 - L 6 U 13/18 -).
Beispiel:
Der Soldat, dessen Dienst früh am nächsten Morgen beginnen soll, fährt schon am Vorabend in die Kaserne, dabei verunglückt er.
Dieser Weg ist nach der Rechtsprechung (BSG, Urteil vom 19.03.1986 - 9a RV 7/84 -) geschützt, weil trotz der zeitlichen Verschiebung dies noch als Weg zur Dienststelle eingeordnet werden kann.
Anders wäre es, wenn der Soldat sich zwar auf dem Weg befindet, den er auch sonst für seine Fahrt benutzt, aber sein Ziel nicht etwa die Dienststelle, sondern ein auf dem Weg gelegener anderer Punkt ist, den er zu privaten Zwecken aufsucht (s. dazu noch einmal Sächsisches LSG, Urteil vom 28.11.2018 - L 6 U 103/17 -).
Der an sich bestehende Schutz auf dienstlichem Weg kann mit der Folge unterbrochen werden, dass kein Versorgungsschutz besteht.
Beispiel:
Soldat S befährt mit seinem Motorrad auf dem Weg zur Kaserne die Autobahn. Im Bereich einer Baustelle benutzt er die rechte Fahrbahn, obwohl sie wegen Bauarbeiten gesperrt und der gesamte Verkehr auf die Gegenfahrbahn umgeleitet wird. Auf der von S Benutzten Fahrbahn stehen Bauwagen und Baufahrzeuge, die umfahren werden müssen; teilweise ist die Fahrbahndecke tief abgetragen. S fährt mit einer Geschwindigkeit von 50 bis 90 km/h auf die Trümmer der aufgebrochenen Fahrbahndecke auf. Bei dem deshalb folgenden Sturz vom Fahrzeug erleidet er - vor allem im Schädelbereich - erhebliche Verletzungen.
Es besteht kein Versorgungsschutz: Zum Unfallzeitpunkt befand sich der Kläger nicht mehr auf einem geschützten Weg. Das Verlassen des öffentlichen Verkehrsraums hätte nur dann unter Versorgungsschutz stehen können, wenn es in innerem Zusammenhang mit dem Dienst oder der Zurücklegung des geschützten Weges gestanden hätte (BSG, Urteil vom 05.05.1993 - 9/9a RV 21/91 -).
oder:
Soldat S verunglückt auf der Fahrt von der Kaserne zur elterlichen Wohnung. S war in einer Linkskurve hinter einem LKW über die durchgehende Fahrstreifenbegrenzung hinweg nach links ausgeschert und in Höhe des LKW-Anhängers mit einem entgegenkommenden Fahrzeug zusammengestoßen. S wird wegen seines Verhaltens wegen Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung verurteilt.
S hat keine Wehrdienstbeschädigung erlitten. Durch sein gefahrerhöhendes strafbares Verhalten war der Versorgungsschutz unterbrochen (BSG, Urteil vom 16.12.2004 - B 9 VS 1/04 R -).
Vom Wehrdienst sowie vom geschützten Weg zu unterscheiden sind solche Handlungen und Wege, die der Soldat noch in seinem privaten Lebensbereich vornimmt, um sich darauf vorzubereiten, dass er die geschützte dienstliche Tätigkeit später ordnungsgemäß durchführen kann. Die zahlreichen und verschiedenartigen "vorbereitenden Verrichtungen" des täglichen Lebens müssen dem persönlichen Lebensbereich zugerechnet werden. Ihnen ist gemeinsam, dass sie zugleich mit ihrem privaten Charakter mittelbar der Erfüllung von Verpflichtungen aus dem Dienst- bzw. Arbeitsverhältnis dienen und vielfach hierzu sogar unentbehrlich sind, dieser Tätigkeit aber zu fern stehen, als dass sie schon dem persönlichen Lebensbereich des Beschäftigten bzw. Versicherten entzogen und der unter Schutz stehenden dienstlichen bzw. betrieblichen Sphäre zuzurechnen wären (vgl. zum Vorstehenden BSG, Urteil vom 18.03.1997 - 2 RU 17/96 -: Wird der Weg zur Arbeitsstätte unterbrochen, um vor Arbeitsantritt in einer nahegelegenen Apotheke Tabletten gegen unerwartet aufgetretene Kopfschmerzen zu kaufen und so die Arbeitsfähigkeit zu sichern, so besteht auf diesem Weg dem Unfallversicherungsschutz). Für den Schutz von Vorbereitungshandlungen ist letztlich entscheidend, ob die Gesamtumstände dafür oder dagegen sprechen, das unfallbringende Verhalten dem durch die Soldatenversorgung geschützten Bereich oder der Privatsphäre des Beschädigten zuzurechnen (vgl. zu diesem Vorgehen bereits BSG, Urteil vom 24.01.1995 - 8 RKnU 1/94 -: Die Fahrt zu einer Nachttankstelle steht unter Unfallversicherungsschutz, wenn die Abwägung sämtlicher betrieblicher und privatwirtschaftlicher Gesichtspunkte ergibt, dass betriebsbedingte Umstände den Handlungsablauf derart mitbestimmt haben, dass die Fahrt sachlich zu einem Weg von der oder zur Arbeitsstätte gehört.).
Mithin: Eine nähere Erfassung und Wertung der gesamten tatsächlichen Umstände ist unerlässlich; eine differenzierte Betrachtung führt zu (teilweise erstaunlich) differierenden Ergebnissen:
Beispiel:Hier besteht kein Versorgungsschutz. Neben der Absicht des Klägers, den Bundeswehrführerschein abzuholen, also der dienstbezogenen Handlungstendenz, muss auch der Grund für den Aufenthalt bei den Schwiegereltern am Wochenende, bei dessen Gelegenheit der Kläger seine Unterlagen hatte liegen lassen, berücksichtigt werden. Dieser hatte ausschließlich privaten, eigenwirtschaftlichen Charakter. Die privatwirtschaftliche Tätigkeit des Klägers - der Besuch bei den Schwiegereltern am Wochenende - überwiegt die dienstbezogene Handlungstendenz. Die erneute Fahrt zu den Schwiegereltern war nur deshalb erforderlich geworden, weil der Kläger bei dem Wochenendbesuch den Bundeswehrführerschein vergessen hatte (BSG, Urteil vom 08.08.2001 - B 9 VS 2/00 R -).
Soldat S verunglückt mit seinem Pkw auf dem Weg von seiner Wohnung zur Wohnung seiner Schwiegereltern, wo er beim vorangegangenen Wochenendbesuch u.a. seinen Dienstausweis und Bundeswehrführerschein vergessen hatte. Diese Unterlagen wollte er vor dem Dienstbeginn abholen. Infolge einer unfallbedingten Fraktur des elften Brustwirbelkörpers ist er seither querschnittsgelähmt.
Beispiel:Der Weg von seiner Wohnung zur Wohnung der Mutter ist auf keinen Fall geschützt. Erleidet S aber auf dem Weg von der Wohnung der Mutter bis zur Kaserne einen Unfall, so ist er versorgungsrechtlich geschützt.
Ein junger Soldat S mit eigener Wohnung beschließt, zunächst einmal seine Mutter zu besuchen, dort den Nachmittag zu verbringen und erst von dort zur Kaserne zu fahren.
Bei diesem Umweg ist S versorgungsrechtlich nicht geschützt, weil dieser Weg von dem beiläufigen, wehrdienstfremden Anliegen bestimmt ist, ein privates Geschenk zu überreichen.
aber:
Der Soldat S ist auf dem Weg zur Kaserne, will aber bei seiner Mutter lediglich einen Kuchen und eine Flasche Wein abgeben.
Im Zusammenhang mit Familienheimfahrten (bei Unterkunft am Dienstort, Fahrt zur weit entfernten Familienwohnung), die nach § 81 Abs. 4 Satz 3 SVG geschützt sind, hat das BSG (Urteil vom 07.05.1986 - 9a RV 18/85 -) entschieden, dass der Weg des jungen, ledigen Soldaten zur Freundin auch dann nicht als Familienheimfahrt angesehen werden kann, wenn er diesen Weg häufiger benutzt als den Weg nach Hause zu den Eltern, denn die sog. Besuchswohnung ist keine Familienwohnung im Sinne der genannten Vorschrift. Anders liegt der Fall aber, wenn der unverheiratete Soldat mit einer Freundin zusammenlebt und sie eine gemeinsame Wohnung haben; dann ist das seine Familienwohnung.
Aus der bloßen Tatsache, auf dem Wege zur Dienststätte /
Wohnung zu sei, kann allerdings noch nicht geschlossen werden,
dass sich eine Gefahr realisiert hat, die in den Schutzbereich
der Wegeunfallversicherung fällt. Das zum Unfallereignis
führende Geschehen und insbesondere die zum Unfallereignis
führende Kausalkette müssen aufgeklärt werden. Gelingt das
nicht, geht dies zu Lasten des Betroffenen (BSG,
Urteil vom 17.12.2015 - B 2 U 8/14 R -).