Der Witwe eines Beschädigten wurde 2004 (BGBl. I 3396, 2004) dessen Lebenspartner hinsichtlich aller Ansprüche auf Hinterbliebenenversorgung gleichgestellt. Im Folgenden verbleibt es bei Witwe; diese steht auch für Witwer.
Gliederung
a) Witwenrente
b) Schadensausgleich
c) Pflegeausgleich
d) Waisenrente
e) Witwenrente
f) "Geschiedenen"-Witwenrente
g) Wieder-Aufleben der Witwenrente
h) Witwen- und Waisenbeihilfe
i) Elternrente
j) Verschollenheitsrente
k) Bestattungsgeld für Hinterbliebene
l) Beiträge zur Pflegeversicherung
Nach
§ 38 BVG kann Hinterbliebenenrente
nur gezahlt werden, wenn der Beschädigte an den Folgen der
Schädigung gestorben ist. Einer erneuten Prüfung des
ursächlichen Zusammenhangs bedarf es dabei nicht, wenn der
Beschädigte an einem Leiden stirbt, das als Versorgungsleiden
anerkannt war und
für das er Rente bezogen hat. Die Versorgungsverwaltung darf in
einem solchen Fall grundsätzlich nicht mehr die Frage prüfen, ob das
anerkannte Leiden wirklich Schädigungsfolge war.
Im Übrigen, d.h. wenn der Beschädigte nicht an dem anerkannten Versorgungsleiden, sondern an einer anderen Krankheit gestorben ist, kann die Witwe durchaus geltend machen, auch dieses Leiden sei wahrscheinlich Schädigungsfolge gewesen, weil es z.B. seine Ursache in dem anerkannten schädigungsleiden gehabt hat (Folgeerkrankung), aber auch weil es unmittelbar auf die Schädigung zurückzuführen ist. Ob dies der Fall ist, muss nun in dem auf Witwenrente gerichteten Verfahren unter Anwendung der Lehre von der wesentlichen Bedingung (s. Abschnitt VII. 3) geprüft werden.
Eine weitere Möglichkeit, den Tod eines Beschädigten als Schädigungsfolge im Sinne des § 38 BVG zu behandeln, sieht Nr. 1 Satz 2 der Verwaltungsvorschrift zu § 38 BVG vor. Danach ist der ursächliche Zusammenhang zwischen Schädigungsfolge und Tod auch dann anzunehmen, wenn der Beschädigte ohne die Schädigungsfolgen mindestens ein Jahr länger gelebt hätte; für diese Annahme genügt wiederum die Wahrscheinlichkeit (s. Abschnitt VII. 2).
Beispiel:
Bei dem Beschädigten B war eine Lungentuberkulose als Schädigungsfolge anerkannt. Er ist an einem Herzleiden verstorben. Nach ärztlicher Beurteilung war das Herzleiden nicht mittelbare Schädigungsfolge, aber der Beschädigte hätte trotz seines Herzleidens wahrscheinlich noch mindestens ein Jahr länger gelebt, wenn seine Kräfte nicht schon durch das Lungenleiden so stark herabgesetzt gewesen wären.In diesem Fall steht der Witwe gemäß § 38 BVG Witwenrente zu.
Ebenso wie die Beschädigtenrente wird auch die Witwenrente
a) als Grundrente (§ 40
BVG) und
b) als Ausgleichsrente (§ 41 BVG
- s. dazu
VIII.3.c) gezahlt, sofern
für letztere die Voraussetzungen erfüllt sind. Die Grundrente erhält
jede Witwe in einheitlicher Höhe von 472,00 € (Fassung zum
01.07.2019) monatlich.
Die Ausgleichsrente (bis zu 520,00 € <Fassung zum 01.07.2019>) steht zusätzlich zu, wenn die Witwe durch Krankheit oder Gebrechen wenigstens die Hälfte ihrer Erwerbsfähigkeit verloren hat oder wenn sie das 45. Lebensjahr vollendet oder für mindestens ein Kind zu sorgen hat. Auch wenn die Witwe aus anderen zwingenden Gründen eine Erwerbstätigkeit nicht ausüben kann, besteht die Möglichkeit, ihr im Ermessenswege die Ausgleichsrente zuzubilligen (vgl. § 41 Abs. 1 Satz 2 BVG).
Die volle Ausgleichsrente, die höher als die Grundrente für die Witwe ist, wird - wie bei Beschädigten - nur gezahlt, soweit nicht sonstiges Einkommen gemäß § 41 Abs. 3 BVG in Verbindung mit § 33 BVG anzurechnen ist. Die Ausgleichsrentenverordnung bestimmt u.a., dass Einkünfte aus Kapitalvermögen der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten sind. Damit sind versorgungsrechtlich bei der Ermittlung von Einkünften aus Kapitalvermögen allein die Einnahmen aus Kapitalvermögen relevant, nicht aber irgendwelche Veräußerungsverluste (Bayerisches LSG, Urteil vom 19.12.2016 - L 15 VK 5/15 -).
Entsprechend dem Berufsschadensausgleich eines Beschädigten (s. Abschnitt VIII. 3. d.) erhält auch die Witwe einen Schadensausgleich nach § 40a BVG. Voraussetzung ist, dass ihr Einkommen geringer ist als die Hälfte des Einkommens, das der Ehemann ohne die Schädigung erzielt hätte.
Auch hier war wie beim Berufsschadensausgleich zum 01.07.1990 zunächst die Möglichkeit geschaffen worden, den Schadensausgleich nicht wie zuvor allein auf Bruttobasis, sondern auch auf Nettobasis zu berechnen, falls dies für die Witwe günstiger war. Für Anträge, die nach dem 21.12.2007 gestellt werden, ist nun nur noch die Berechnung auf Nettobasis vorgesehen (§ 40a Abs. 5 BVG); für laufende Versorgungsfälle war zu dem Stichtag eine Günstigkeitsfeststellung zu treffen. Dieser ersatzlose Entfall des zuvor geltenden Günstigkeitsprinzips, nach dem der Ausgleich auf der dem Betroffenen günstigsten Basis berechnet werden konnte, ist nicht zu beanstanden; es handelt sich hierbei um eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung (Hessisches LSG, Beschluss vom 02.07.2012 - L 4 VE 39/11 -).
Bei der herkömmlichen Berechnung nach § 40a Abs. 2 BVG war das Bruttoeinkommen der Witwe zuzüglich der Grund und Ausgleichsrente und des Pflegeausgleichs (eine erst 1990 eingeführte, neuere Leistung) der Hälfte des nach § 30 Abs. 4 BVG ermittelten (Brutto-)Vergleichseinkommens derjenigen Berufs oder Wirtschaftsgruppe gegenüberzustellen, welcher der Verstorbene angehört hat oder ohne die Schädigung wahrscheinlich angehört hätte. Nunmehr wird auch hier - wie beim Berufsschadensausgleich eines Beschädigten (s. Abschnitt VIII. 3. d.) - ab 01.07.2011 das vorgenannte Einkommen der Witwe der Hälfte des nach § 30 Abs. 5 BVG ermittelten Vergleichseinkommens aus dem Grundgehalt der Besoldungsgruppe der Bundesbesoldungsordnung A, der der Verstorbene ohne die Schädigung nach seinen Lebensverhältnissen, Kenntnissen und Fähigkeiten wahrscheinlich zugeordnet worden wäre, gegenübergestellt.
Bei der o.a. Berechnung auf Brottobasis werden wie beim Berufsschadensausgleich 42,5 v.H. des errechneten Unterschiedsbetrages ausgeglichen. Zu beachten ist, dass das gesamte Bruttoeinkommen der Witwe angerechnet wird, also nicht nur das aus der Ehe mit dem verstorbenen Beschädigten abgeleitete Einkommen (z. B. aus dessen Versicherung oder dessen Hinterlassenschaft). Da Frauen heute vielfach eigene Versorgungsansprüche erworben haben, kommt es deshalb nicht mehr so oft zu Zahlungen von Schadensausgleich. Bei Berechnung des Schadensausgleichs auf Nettobasis beträgt der (Netto-)Schadensausgleich 30 v.H. des nach § 30 Abs. 5 letzter Satz BVG vom BMAS bekannt gegebenen Vergleichseinkommens abzüglich des Nettoeinkommens der Witwe sowie der Grund- und Ausgleichsrente und des Pflegeausgleichs. Dabei wird das Nettoeinkommen ebenso wie im Rahmen des Netto-Berufsschadensausgleichs nach § 30 Abs. 8 Satz 1 BVG ermittelt..
Hatte der Verstorbene im Zeitpunkt seines Todes Anspruch auf eine Grundrente nach einem GdS von 100 und auf eine Pflegezulage mindestens nach Stufe III (s. Abschnitt VIII. 3. e. dd), so ist das maßgebliche Vergleichseinkommen mindestens der Besoldungsgruppe A 14 des Bundesbesoldungsgesetzes zu entnehmen (§ 40a Abs. 3 BVG).
Seit dem 01.04.1990 erhält die Witwe eines Empfängers von Pflegezulage nach § 40b BVG (s. auch Abschnitt VIII. 3 d. ee.) unter bestimmten Voraussetzungen den Pflegeausgleich. Dies entsprach einer seit vielen Jahren vorgetragenen Forderung, denjenigen Ehefrauen einen finanziellen Ausgleich zu verschaffen, die über Jahrzehnte hinweg ihre schwerstbeschädigten Ehemänner gepflegt haben.
Der Pflegeausgleich wird gezahlt, wenn die jetzige Witwe den Beschädigten während ihrer Ehe länger als 10 Jahre unentgeltlich gepflegt hat.
Als Pflegezeiten gelten aber nur die Zeiten (Monate), in denen der Beschädigte Anspruch auf Pflegezulage mindestens der Stufe II hatte.
Der Pflegeausgleich wird nach § 40b Abs. 2 Satz 1 BVG nur für die Pflegezeit gezahlt, die über den 10 Jahres Zeitraum hinausgeht, d.h. die ersten 10 Jahre werden nicht entschädigt. Für jedes der über 10 Jahre hinausgehenden Pflegejahre erhält die Witwe 0,5 v.H. des derzeit geltenden Betrages der Pflegezulagestufe, auf die der Beschädigte jeweils Anspruch hatte § 40b Abs. 2 Satz 1 BVG; die Leistung beträgt allerdings mindestens 10,00 € monatlich (§ 40b Abs. 4 BVG).
Diese Leistung wird gemäß § 45 BVG den Kindern, Stiefkindern und Pflegekindern des verstorbenen Beschädigten bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres gewährt. Befinden diese sich danach noch in Schul- oder Berufsausbildung oder leisten sie ein freiwilliges soziales Jahr, wird Waisenrente bis zum 27. Lebensjahr gewährt, geleisteter Wehr und Zivildienstes kann die Bezugsdauer noch weiter verlängern. Körperliche oder geistige Gebrechen, die einen eigenen Unterhalt unmöglich machen, können u.U. sogar zu einem lebenslangen Bezug der Waisenrente berechtigen. Zu beachten ist bei Letzterem: Waisenrente nach dem BVG hat Unterhaltsersatzfunktion; sie soll in typisierter Weise den Tod eines Unterhaltsverpflichteten und seinen Ausfall als Unterhaltsgläubiger ausgleichen. Der Rentenanspruch einer Waise lebt nicht wieder auf, wenn sie durch ihre Erwerbstätigkeit in ein anderes Sicherungssystem wie die gesetzliche Rentenversicherung eingegliedert ist. Dann ist sie gegen Wechselfälle des Lebens grundsätzlich durch Einrichtungen der Sozialversicherung geschützt und bedarf nicht mehr des Schutzes durch den Waisenrentenanspruch. Es kommt nicht darauf an, ob nach Aufgabe der Erwerbstätigkeit die Erwerbsminderungs- bzw. Altersrente ausreichen, um einen angemessenen Lebensunterhalt zu decken (BSG, Urteil vom 16.03.2016 - B 9 V 8/15 R -).
Auch wenn in
§ 45 BVG nicht gesondert erwähnt,
besteht der Anspruch nur, wenn der Beschädigte an den Folgen einer
Schädigung gestorben ist (vgl. § 38 BVG
- s. dazu auch Abschnitt VIII. 6. a.); ansonsten
können die Regelungen über die Waisenbeihilfe (vgl.
Abschnitt VIII. 6. h.) greifen.
Die Rente wird als Grund und Ausgleichsrente gezahlt (vgl. §§
46,
47 BVG). Eine dem
Schadensausgleich der Witwe (Abschnitt VIII. 6. b)
vergleichbare Leistung ist hier allerdings nicht vorgesehen. Im
Rahmen der Kriegsopferfürsorge kann aber unter bestimmten
wirtschaftlichen Voraussetzungen eine Erziehungsbeihilfe gemäß
§ 27 BVG gezahlt
werden.
Die Grundrente beträgt für eine Halbwaise 132,00 €, die
Ausgleichsrente 233,00 €; eine Vollwaise erhält 249,00 bzw. 325,00 €
(Fassung zum 01.07.2019).
§ 43 BVG bestimmt: "Der Witwer erhält Versorgung wie eine Witwe".
Diese Vorschrift gilt aber erst seit dem 01.01.1986 (Stichwort: allgemeine Neuregelung der Hinterbliebenenversorgung) und ist nur anzuwenden, wenn die Beschädigte nicht schon vor diesem Tage gestorben ist. Ist sie vor 1986 gestorben, greifen für die Witwerversorgung nur die bis dahin geltenden Vorschriften, nach denen Witwerrente lediglich zu zahlen war, wenn die Beschädigte den Lebensunterhalt des Ehemannes überwiegend bestritten hat.
Nach § 42 BVG kann auch dem früheren Ehegatten eines verstorbenen Beschädigten die Witwen bzw. Witwerrente zustehen, obwohl die Ehe im Zeitpunkt des Todes bereits aufgehoben, geschieden oder für nichtig erklärt worden war. Der Anspruch besteht aber nur, wenn im Zeitpunkt des Todes Unterhalt zu leisten war oder im letzten Jahr vor dem Tode tatsächlich geleistet worden ist. Waren allerdings die Schädigungsfolgen für die Beendigung der Ehe von wesentlicher Bedeutung, steht der frühere Ehegatte ohne weitere Prüfung einer Witwe oder einem Witwer gleich (vgl. § 42 Abs. 1 Satz 4 BVG).
Witwen und Witwerrente stehen naturgemäß nur so lange zu, wie der Berechtigte den Familienstand eines hinterbliebenen Ehegatten hat. Die Leistung entfällt also mit der Wiederheirat bzw. der Begründung einer neuen Lebenspartnerschaft. In diesem Fall wird nach § 44 Abs. 1 BVG eine Abfindung in Höhe des 50fachen der Grundrente mit dem Ziel gezahlt, eine neue Ehe zu fördern und eine sog. "Onkel"-Ehe zu verhindern.
Wird nun die neue Ehe wieder aufgelöst oder für nichtig erklärt bzw. die neue Lebenspartnerschaft aufgehoben oder aufgelöst, so lebt der durch die Wiederheirat verloren gegangene Rentenanspruch gemäß § 44 Abs. 2 BVG wieder auf. Falls dies vor Ablauf von 50 Monaten nach der Wiederheirat geschieht, ist die gezahlte Abfindung auf den neuen Rentenanspruch entsprechend anzurechnen (§ 44 Abs. 3 BVG).
Damit nun die/der Berechtigte infolge der Beendigung der neuen Ehe versorgungsrechtlich nicht besser dasteht als vor der Wiederheirat pp, wird ihr/ihm gemäß § 44 Abs. 5 BVG jeder Versorgungs- , Renten- oder Unterhaltsanspruch, der sich aus der neuen Ehe herleitet, auf die wieder aufgelebte Witwen-/Witwerversorgung angerechnet, dies allerdings nur, soweit diese Ansprüche zu verwirklichen sind und nicht schon zur Kürzung anderer wiederaufgelebter öffentlich-rechtlicher Leistungen geführt haben. Wenn aber die Witwe oder der Witwer ohne verständigen Grund auf eine solche Leistung, die anzurechnen wäre, verzichtet hat, so ist der Betrag dennoch leistungsmindernd zu berücksichtigen (§ 44 Abs. 5 Satz 3 BVG).
Zur Klarstellung, welche Ansprüche zu den in § 44 Abs. 5 BVG genannten Versorgungs-, Renten- und Unterhaltsansprüchen gehören, sind die Nrn. 5 und 6 der Verwaltungsvorschriften zu § 44 BVG heranzuziehen.
Bei diesen Beihilfen nach § 48 BVG handelt es sich um eine hilfsweise zustehende Leistung, wenn der Beschädigte nicht an den Folgen der Schädigung gestorben ist. In diesem Fall kann eine Rente (vgl. Abschnitt VIII. 6. a. bzw. Abschnitt VIII. 6. d.) nicht gezahlt werden. Gleichwohl sollen die Hinterbliebenen nicht völlig unversorgt bleiben, wenn ihre wirtschaftlichen Verhältnisse durch frühere (unterstellte oder wahrscheinliche) schädigungsbedingte Minderverdienste und den Tod des Beschädigten beeinträchtigt sind.
Voraussetzung für die Gewährung der Witwen oder Waisenbeihilfe ist, dass der rentenberechtigte Beschädigte durch die Schädigungsfolgen gehindert war, eine Erwerbstätigkeit auszuüben, wie er sie ohne die Schädigung ausgeübt hätte, und dadurch die Versorgung der Hinterbliebenen um bestimmte Prozentsätze gemindert ist.
Hier bedarf es zwar nicht wie in § 38 BVG (s. auch Abschnitt VIII. 6. a.) der Kausalität zwischen Schädigungsfolgen und Tod des Beschädigten, jedoch müssen die Schädigungsfolgen die wesentliche Bedingung für die Nichtausübung der entsprechenden Erwerbstätigkeit und dies wiederum die Ursache für die Beeinträchtigung der Hinterbliebenenversorgung sein. Für die Ermittlung einer schädigungsbedingten Minderung der Witwenversorgung sind die Rechtsgrundsätze maßgebend, die im Rahmen der Prüfung des Anspruchs eines Beschädigten auf Berufsschadensausgleich (s. dazu Abschnitt VII. 3. d) für die Ermittlung des schädigungsbedingten Einkommensverlustes gelten (BSG, Urteil vom 16.05.1995 - 9 RV 13/93 -).
Eine ganz bedeutsame Beweiserleichterung für die Feststellung dieses Zusammenhangs bietet § 48 Abs. 1 Sätze 5 und 6 BVG für die Hinterbliebenen von Beschädigten, denen im Zeitpunkt ihres Todes Anspruch auf Rente nach einem GdS von 100 oder auf eine Pflegezulage (§ 35 BVG, s. dazu auch Abschnitt VIII. 3. e. dd) oder mindestens fünf Jahre lang auf Berufsschadensausgleich (§ 30 Abs. 4 bzw. Abs. 6 BVG) zustand: wenn eine dieser Voraussetzungen gegeben ist, steht damit auch fest, dass die Hinterbliebenenversorgung durch die Schädigungsfolgen beeinträchtigt ist.
Wichtiger Hinweis:
Dies zu beachten, wird besonders bei der Beratung eines Beschädigten schon zu seinem Lebzeiten besonders bedeutsam, wenn eine der genannten Leistungen (Grundrente nach einem GdS von 100, Pflegezulage, Berufsschadensausgleich) in Betracht kommt.
Ebenso bedeutsam ist, dass der Beschädigte die Pflegezulage oder den Berufsschadensausgleich nicht auch tatsächlich bezogen haben muss. Es genügt schon, dass aus den Versorgungsakten des Beschädigten ohne weiteres festgestellt werden kann, er habe ganz offensichtlich Anspruch darauf gehabt. Es handelt sich dabei um eine Art des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs: Wenn eine Behörde unschwer eine Leistungsberechtigung hätte erkennen können, hätte sie den Beschädigten auch frühzeitig darauf hinweisen müssen (s. dazu auch VIII. Umfang der Versorgung - 8. Leistungsbeginn und -ende); daher darf sie auch später nicht "die Augen verschließen", wenn der Anspruch offenkundig ist.
Das gilt auch dann, wenn ein Antrag auf Berufsschadensausgleich durch Bescheid abgelehnt worden ist, sich aber aus den Akten und aus veröffentlichten Einkommenstabellen nachweisen lässt, dass dies offensichtlich zu Unrecht geschehen ist (BSG, Urteil vom 27.01.1987 - 9a RV 38/85 -; BSG, Urteil vom 14.02.1990 - 9a/9 RV 4/89 -). Zu beachten ist aber, dass weitere Ermittlungen in diesen Fällen nicht erforderlich sein dürfen (BSG, Urteile vom 10.02.1993 - 9/9a RV 4/92 und 9/9a RV 31/91 -).
Beispiel:
Der Beschädigte B litt seit Jahren an einer schweren schädigungsbedingten Lungenerkrankung mit einem GdS von 60. Aus den Versorgungsakten ergibt sich, dass er wegen dieser Erkrankung mit 54 Jahren aus dem Erwerbsleben ausgeschieden ist, aber aus unerfindlichen Gründen keinen Antrag auf Berufsschadensausgleich gestellt, wohl aber wegen seines seitdem verringerten Einkommens Ausgleichsrente bezogen hatte. Nach seinem Tode (Folge eines schädigungsunabhängigen Verkehrsunfalls) mit 65 Jahren beantragt seine Witwe Hinterbliebenenbeihilfe.
Der Anspruch ist zu bejahen: Aus dem Bezug von Ausgleichsrente ist beim Vergleich mit den Tabellenwerten des Vergleichseinkommens ohne weiteres aus den Akten zu erkennen, dass B die Voraussetzungen für den Berufsschadensausgleich klar erfüllt hatte.
Die Höhe der Witwen und Waisenbeihilfe ist unterschiedlich: Hatte der Beschädigte Anspruch auf Versorgungsrente nach einem GdS um 100 oder auf eine Pflegezulage, so ist die Beihilfe in voller Höhe der Witwen oder Waisenrente zu zahlen, in den anderen Fällen beträgt sie nur zwei Drittel dieser Renten (§ 48 Abs. 2 Satz 1 BVG). Übersteigt das monatliche Bruttoeinkommen der Hinterbliebenen von Beschädigten, die im Zeitpunkt des Todes einen Anspruch auf Rente nach einem GdS von 30 bis 90 hatten, einen näher bezeichneten Grenzbetrag, ist eine Kürzung der Beihilfe vorzunehmen (§ 48 Abs. 2 Satz 2 BVG). Insofern ist die Beihilfe also einkommensabhängig.
Im Übrigen unterliegt auch die Witwenbeihilfe den Regeln des § 44 BVG, d.h. sie fällt bei Wiederheirat weg und kann bei Auflösung der neuen Ehe wieder aufleben.
Nach §§ 49, 50 BVG erhalten die Eltern eines an den Schädigungsfolgen verstorbenen Beschädigten Elternrente, wenn sie erwerbsunfähig im Sinne der Rentenversicherung sind, aus anderen Gründen nicht erwerbstätig sein können oder das 60. Lebensjahr vollendet haben. Eingeschränkt gilt das auch für Adoptiv , Stief , Pflegeeltern und Großeltern.
Die Höhe der Leistung ist in § 51 BVG im Einzelnen geregelt, wobei auch eine Anrechnung von Einkommen in entsprechender Anwendung des § 33 BVG erfolgt (vgl. § 51 Abs. 4 BVG).
Die Elternrente hatte in den ersten Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg eine zahlenmäßig erhebliche Bedeutung. Heute wird sie nur noch relativ wenigen Berechtigten gezahlt (bundesweit im Jahr 2004 nur noch ca. 450 BVG-Fälle); sie kann aber auch für Berechtigte nach den Nebengesetzen wichtig werden (noch knapp 300 Zahlfälle).
Auch diese Leistung hat wie die Elternrente fast gar keine Bedeutung mehr, denn die zugrunde liegende Regelung des § 52 BVG besagt lediglich, dass die Versorgung einem mutmaßlichen Hinterbliebenen auch schon für die Zeit vor der Todeserklärung eines Verschollenen gewährt wird, wenn dessen Ableben mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist. In diesen Fällen werden also die normalen Hinterbliebenenleistungen gewährt.
Auch wenn ein versorgungsberechtigter Hinterbliebener verstirbt,
wird ein Bestattungsgeld gewährt, vgl.
§ 53 BVG.
Rentenberechtigten Beschädigten und Hinterbliebenen werden gemäß § 53a BVG die Beiträge zur Pflegeversicherung erstattet.