Anhaltspunkte 2008


Nr. 106 AHP 2008 - Erkrankungen des Magens und des Zwölffingerdarms

 

(1) Bei der Gastritis gibt es eine akute und eine chronische Form. Die Diagnose kann nur durch histologische Untersuchung von Magenschleimhaut sowie ergänzende mikrobiologische (z.B. Atemtest) und serologische Untersuchungen - nicht aber durch eine Röntgenuntersuchung - gestellt werden.

(2) Die akute Gastritis wird meist durch exogene Faktoren, wie Infektionen mit Helicobacter pylori, Intoxikationen, bestimmte Medikamente, Genussmittel (insbesondere Alkohol), Therapie mit ionisierenden Strahlen, hervorgerufen. Sie heilt bei geeigneter Behandlung folgenlos aus.

(3) Die chronische Gastritis kann unter ätiopathogenetischen Gesichtspunkten in eine Autoimmungastritis (Typ A), eine bakteriell durch Helicobacter pylori hervorgerufene Gastritis (Typ B) und eine chemisch-toxische Gastritis (Typ C) unterteilt werden.

Die Autoimmungastritis (Typ A) kann isoliert oder zusammen mit Autoimmunkrankheiten auftreten; eine Kannversorgung ist in Betracht zu ziehen.

Die Typ B-Gastritis ist die häufigste Form der chronischen Gastritis. Helicobacter pylori tritt nur beim Menschen auf und wird in der Regel von Mensch zu Mensch übertragen; diskutiert wird auch eine Schmierinfektion. Sie ist Schädigungsfolge, wenn der Betroffene einer Helicobacter pylori-Infektion in besonderem Maße ausgesetzt war (z.B. bei Gastroskopien, Altenpflege, Aufenthalt in Gebieten mit hoher Durchseuchung und ungünstigen hygienischen Verhältnissen) und keine Hinweise darauf bestehen, dass schon vorher eine Gastritis vorgelegen hat. Bei geeigneter Behandlung heilt die chronische Typ B-Gastritis in der Regel folgenlos aus. Unbehandelt kann sich - meist nach einer Latenzzeit von zwei bis drei Jahrzehnten - ein Magenkarzinom entwickeln. Die Entwicklung eines MALT-Lymphoms des Magens infolge chronischer Typ B-Gastritis ist umstritten; eine "Kannversorgung" ist zu prüfen, wenn die chronische Gastritis als Schädigungsfolge zu beurteilen ist.

Eine Typ C-Gastritis kann Schädigungsfolge sein, wenn die chemisch-toxischen Substanzen (z.B. Langzeittherapie mit nichtsteroidalen Antirheumatika) schädigungsbedingt eingewirkt haben.

(4) Ähnliche Beschwerden, wie sie bei der chronischen Gastritis bestehen können, gibt es auch bei normaler Magenschleimhaut. Diese oft auch als Reizmagen bezeichneten Beschwerden sind häufig psychosomatischer Natur. Die gewöhnlich geltend gemachten Umstände, wie unregelmäßige Mahlzeiten, kalt gewordenes Essen, gefrorenes Brot, verminderte Kaufunktion, Erkältungen usw. sind keine wesentliche Bedingung. Der Einfluss der Genussgifte ist umstritten.

(5) Sowohl einzelne Geschwüre des Magens und des Zwölffingerdarms als auch das Geschwürsleiden des Magens und Zwölffingerdarms sind in der Regel Folgen einer chronischen Gastritis, meist einer durch Helicobacter pylori hervorgerufenen Typ B-Gastritis. Ist Letztgenannte Schädigungsfolge, sind die Geschwüre in jedem Fall entsprechend zu beurteilen.

Im übrigen können besondere exogene Faktoren ebenso wie für das Auftreten eines einzelnen Geschwürs auch für ein Geschwür im Ablauf eines Geschwürsleidens wesentliche Bedeutung erlangen. Zwar nicht die gewöhnlichen Umstände des Dienstes im Frieden, aber z.B. ungewöhnlich schwere langdauernde seelische, ggf. auch körperliche Belastungen, vor allem im Kriegseinsatz oder in der Gefangenschaft, auch entsprechend schwere Verwundungen und Infektionskrankheiten, können ein damit in enger zeitlicher Verbindung auftretendes Geschwür - nicht aber das gesamte Geschwürsleiden - mitverursachen. Die Auswirkung solcher Faktoren ist als beendet anzusehen, wenn das Geschwür ohne Funktionsstörung geheilt ist. Spätere Geschwüre können mit den vergangenen Lebensumständen oder dem abgeheilten Geschwür nicht mehr in Zusammenhang gebracht werden. Sind nach einem als Schädigungsfolge anzusehenden Geschwür wesentliche Funktionsstörungen infolge narbiger Veränderungen (z.B. narbige Pylorusveränderungen, narbige Bulbusdeformierungen und Folgen einer Operation, besonders mit unzulänglichem funktionellen Ergebnis) zurückgeblieben oder liegen schwere Darmveränderungen nach Oberbauchverletzungen mit deutlicher Funktionsstörung des Magens und des Zwölffingerdarms vor, die selbst Schädigungsfolgen sind, so ist bei später auftretenden Geschwüren die Zusammenhangsfrage erneut zu prüfen.

(6) Nach schweren Verletzungen oder Verbrennungen, nach eingreifenden Operationen, bei schwersten akuten Belastungen, komatösen Zuständen, bestimmten exogenen und endogenen Intoxikationen, Behandlung mit bestimmten Medikamenten, treten gelegentlich einzelne oder mehrere akute Geschwüre (Stressulkus) oder Erosionen im Magen oder Zwölffingerdarm auf. Nur selten bleiben Dauerfolgen zurück.